Nach meinem Erasmus-Semester (SoSe 2016) an der Universität Warschau in Polen kann ich ein durchaus positives Fazit ziehen.

Im Vorfeld des Aufenthaltes standen sowohl das Erasmus-Büro in Mainz als auch das Akademische Auslandsamt und die Erasmus-Koordinatoren am FTSK Germersheim immer freundlich und hilfsbereit für Fragen zur Verfügung. Das gleiche kann auch für die Mitarbeiter des International Relations Office an der Universität Warschau bestätigt werden, die sowohl persönlich als auch per Mail immer ansprechbar waren. Eine Besonderheit in Warschau war für mich, dass man sich zu den meisten Kursen nicht über die Uni-Plattform Usos online, sondern persönlich oder per E-Mail über den Erasmus-Koordinator des jeweiligen Instituts/Fachbereichs bzw. über das Sekretariat anmelden musste. Wenn man keinen Platz im Studentenwohnheim hat, sollte man sich rechtzeitig um ein Zimmer oder eine Wohnung bemühen, dazu können z.B. die Facebook-Gruppen Accomodation in Warsaw oder einfach die Erasmus-Gruppe für Warschau genutzt werden. Man muss je nach Lage der Unterkunft mit relativ langen Wegen zur Universität rechnen (natürlich abhängig davon, an welchem Fachbereich man studiert), allerdings sind die öffentlichen Verkehrsmittel in Warschau ziemlich zuverlässig und das Bus-/Bahn-/U-Bahnnetz sehr gut ausgebaut, also hat man meiner Erfahrung nach eigentlich von überall und überall hin eine Anbindung. Dazu ist es empfehlenswert, sich eine Monatskarte zu kaufen (z.B. im Kiosk auf dem Hauptcampus möglich), Studenten mit polnischem Studentenausweis erhalten 51% Rabatt auf Fahrkarten (auch für Züge) und somit kostet ein Monatsticket nur 55 Złoty (also ungefähr 13 €).

Als sehr positiv empfand ich die Arbeit des Erasmus-Studentennetzwerks ESN, welches bereits vor Semesterbeginn zahlreiche Veranstaltungen für Erasmus-Studenten organisierte. Auch während des Semesters wurden immer wieder Wochenendfahrten in andere polnische Städte wie Krakau oder Posen, Erasmus-Partys oder Veranstaltungen wie Bowlingabende angeboten, zu welchen natürlich auch ausländische Studenten anderer Programme kommen konnten. Man braucht sich also als Erasmus-Student in Warschau keine Sorgen zu machen, dass man keinen Anschluss findet.

Ich kann alle Erasmus-Studenten in Warschau nur anregen, sich für einen Polnisch-Sprachkurs am Polonicum einzuschreiben. Durch einen Sprachtest werden vorher die bereits vorhandenen Kenntnisse geprüft, es gibt aber auch Kurse für Studenten ohne Vorkenntnisse. Die anderen Kurse, die vom Polonicum angeboten werden, beziehen sich vor allem auf polnische Kultur und Geschichte, einige von ihnen werden auch auf Englisch angeboten.

Der Polnisch-Sprachkurs hat mir sehr bei meinem Hauptziel des Erasmus-Aufenthalts geholfen, nämlich meine Sprachkenntnisse zu verbessern. In dem von mir belegten Kurs für Polnisch auf dem Niveau C1 wurde vor allem Wert darauf gelegt, den Wortschatz der Kursteilnehmer auf ein höheres und weit über den „Standardwortschatz“ hinausgehendes Niveau zu erweitern und zu verfeinern. Des Weiteren bestand die Möglichkeit, der Dozentin kurze Essays oder andere selbst verfasste Texte abzugeben und korrigieren zu lassen und somit konnte ich auch meinen schriftlichen Ausdruck deutlich verbessern. Auch die anderen Kurse des Polonicums, wie etwa Kurse zum Thema polnische Literatur, kann ich sehr empfehlen. Dort wurde ein interessanter Einblick in Texte moderner polnischer Literatur gegeben und auch mit polnischer Geschichte verbunden, über welche ich in diesem Kurs viel Neues erfahren habe. Zwar sollte man natürlich für die auf Polnisch gehaltenen Kurse schon etwas fortgeschrittene Sprachkenntnisse haben, jedoch waren die Dozenten immer sehr bemüht Begriffe, die unbekannt waren, zu erklären. Außerdem herrschte in allen Kursen des Polonicums, die ich besucht habe, eine sehr angenehme Atmosphäre und ein gutes Verhältnis zu den Dozenten, was meiner Meinung nach sehr zum Lernerfolg beigetragen hat.

Auch die von mir belegten Kurse am Instytut Lingwistyki Stosowanej (Institut für angewandte Sprachwissenschaft) sind meiner Erfahrung nach sehr empfehlenswert, vor allem die Übersetzungsübungen Warsztaty tłumaczenia (Übersetzungswerkstatt) und Tłumaczenie literackie (Literaturübersetzung). In diesen beiden Übungen wurden vor allem Zeitungsartikel über unterschiedliche Themen, wie z.B. den Wiederaufbau Dresdens oder die Entstehung der Deutschen Post sowie Auszüge aus literarischen Texten aus dem Deutschen ins Polnische übersetzt und von der sehr freundlichen und hilfsbereiten Dozentin immer sorgfältig korrigiert und im Unterricht besprochen. Es ist noch hinzuzufügen, dass bei einigen Dozenten Anwesenheitspflicht besteht bzw. die Anwesenheit kontrolliert wird, es ist also ratsam am Anfang des Semesters zu fragen, welche Auswirkungen eine oder mehrere Abwesenheiten haben.

Zu allen Kursen am Polonicum als auch am Instytut Lingwistyki Stosowanej kann ich bestätigen, dass die Dozenten rechtzeitig die Prüfungsbedingungen bekannt gegeben haben, man hatte also genug Zeit sich entsprechend auf die Prüfungen vorzubereiten. Beispielsweise war in den Übersetzungsübungen ein Text über einen vorher angegeben Zeitraum zu übersetzen und dann der Dozentin abzugeben. Für Prüfungsvorbereitungen und Hausarbeiten steht in der Bibliothek der Universität Warschau eine große Auswahl an Literatur zur Verfügung, wie auch im Lesesaal des Instituts – aus welchem man allerdings keine Bücher ausleihen, sondern nur vor Ort benutzen kann –, der zu ruhigem und konzentriertem Arbeiten sehr geeignet ist.

Auf dem Hauptcampus der Universität befindet sich eine Mensa und auch das Instytut Lingwistyki Stosowanej hat eine eigene kleine Cafeteria, aber da sich der Hauptcampus direkt im Zentrum Warschaus befindet, gibt es in unmittelbarer Nähe viele Cafés, Bäckereien, einige Supermärkte, kleine Bistros und ähnliches.

Meiner Meinung nach ist es nicht zwingend notwendig einen eigenen Drucker mitzubringen (aber dies ist natürlich vom eigenen Bedarf abhängig), da sich auf dem Campus und in der Stadt mehrere Copyshops befinden, in denen man scannen und drucken kann.

Zu Warschau kann ich sagen, dass die Stadt zahlreiche Aktivitäten bietet. Es gibt viele interessante Museen zur Geschichte Polens bzw. Warschaus und anderen Themen. Besonders das Muzeum Historii Żydów Polskich (Museum der Geschichte der polnischen Juden) ist sehr empfehlenswert. Vor allem im Frühling und Sommer bietet eine Vielzahl von Parks, die über die ganze Stadt verteilt sind, immer eine angenehme Anlaufstelle für Spaziergänge, zum Lernen oder einfach, um schönes Wetter zu genießen. Besonders empfehlen kann ich den Ogród Saski (Sächsischer Garten), der nur ein paar Meter vom Hauptcampus entfernt ist und sich daher wunderbar eignet, um dort die Zeit zwischen den Vorlesungen zu überbrücken oder auch an der frischen Luft zu arbeiten. Außerdem ist der Łazienki Park sehr zu empfehlen, der an sich eine schöne Parkanlage ist und zusätzlich in den Sommermonaten ein Kulturprogramm in Form von kostenfreien Konzerten bietet. Dies sind vor allem Open-Air-Klavierkonzerte, bei denen Stücke des polnischen Komponisten Frédéric Chopin gespielt werden.

Diese Parks sind natürlich auch ein geeigneter Ort, um Sport zu treiben, z.B. zu joggen etc. Des Weiteren gibt es Sportkursangebote seitens der Universität Warschau, allerdings ist hier zu empfehlen, sich frühzeitig zu diesen Kursen anzumelden, da sie recht beliebt sind und die Anzahl der Plätze begrenzt ist. Aber es gibt über die ganze Stadt verteilt zahlreiche Fitnessstudios, Tanzschulen etc., die oft auch Rabatte für Studenten anbieten.

Abschließend kann ich noch empfehlen sich rechtzeitig zu informieren, bis wann das International Relations Office die Abreisebestätigung ausstellen kann, damit man nicht zu spät kommt und auch für den Fall, dass noch Hausarbeiten abzugeben sind, vorher zu klären, ob man noch Bücher aus der Bibliothek ausleihen kann, wenn man den Abschluss-Fragebogen auf der Uni-Plattform schon ausgefüllt hat.

Alles in allem kann ich nur Positives über meinen Aufenthalt in Warschau und an der Universität sagen und möchte jedem dazu raten, vor allem natürlich Studenten, die in ihrem Studiengang mit Polnisch zu tun haben.